Dieser Weg hat kein Ziel

7 Uhr 26, ein grauer Dezembertag, Nieselregen und wieder auf der Stadtautobahn Richtung Nord und man fragt sich wieso es denn heutzutage noch nötig ist ins Büro zu fahren wo es doch dieses tolle Internet und die Breitbandverbindungen gibt. Mann jetzt fahr doch mal und lass nicht diese Riesenlücke vor deinem Golf, wie asozial ist das denn, blicken diese Idioten nicht… nein … ich reg mich über so etwas nicht mehr auf. Klar und immer schön auf der linken Spur, weil in 123,5 Kilometern die rechte Spur zum Flughafen abknickt. Schluss jetzt, ist halt so und wird sich in absehbarer Zeit einfach nicht ändern, wie auch mein Leben nicht. Ach ja wie war das jetzt mit dem neuen Job? Jetzt schau dir das an, ein Dönerproduktions-Kleinbus mit einem großen Brandenburger Tor als Logo, wie kurios.
Wie kam es nur soweit, einfach mal nichts gemacht, oder?
Nun gut, zwei Kinder, seit 8 Jahren angestellt und genauso lange unterbezahlt, Eigentumswohnung auf 25 Jahre finanziert und jetzt schon irgendwie ausgebrannt, was soll das eigentlich heißen ausgebrannt? Keinen Bock mehr auf diese Tretmühle, das muss es wohl heißen. Und wieder kein Parkplatz, hupt dieser blöde Busfahrer auch noch, muss ja wohl nicht vollbesetzt mit 100 Sachen angekachelt kommen! Idiot, alles Idioten hier und ich bin ja wohl auch einer, also eine Welt voller Idioten. Diese Erkenntnis ist nicht neu und nützt so kurz vor Weihnachten nichts, mir jedenfalls nicht. Jetzt klingelt auch noch das Handy, „hi, klar hab ich die Seite aktualisiert, lösch mal den Cache Deines Browsers, ja klar geht’s jetzt, ok, wir hören wieder“. Ich sollte das hauptberuflich machen. Eigene Firma hab ich ja, nur mal mehr um Kunden kümmern und dann wird das schon. Doch irgendwie hab ich schon so ähnliche Sachen in den Sand gesetzt und jetzt ist da nur noch Angst! Die Kinder, die sonstigen Rechnungen halt all diese Verpflichtungen. Warum muss ich meine Arbeitskraft auch verkaufen um zu überleben? Kann man nicht die Arbeitskraft Anderer vermieten so wie es jeder Handwerksbetrieb macht? Aber das kann ja auch verdammt nach hinten losgehen, immer mehr Pleiten werden dort verzeichnet. Man benötigt da doch mehr kaufmännisches Geschick als man denkt. Eingeparkt!
Erst einmal e-Mails checken und tatsächlich da ist sie, die große Chance, nur zu dumm das ich sie nicht als solche erkennen kann. Vieles was in letzter Zeit erfolgreich war, entstammte ja eigentlich meinem genialen Verstand beziehungsweise war die Zeit dafür reif und ein Anderer ist mir nur zuvorgekommen.
Jetzt ist es schon um drei so dunkel das man Licht einschalten möchte, das trägt nicht gerade zur guten Stimmung bei. Noch zwei Stunden und es kommt mir vor wie eine Ewigkeit für die ich gerade gar keine Zeit habe, bin ich doch schon fast 40. Wo sind nur diese Jahre des Sturmes und des Dranges abgeblieben? Jahre in denen ich dachte mir würde eines Tages alles nur so zufliegen. Jetzt hab ich das Gefühl es würde sich nicht einmal mehr lohnen den Wagen noch voll zu tanken. Zufliegen tut mir schon lange nichts mehr und wenn ich es recht bedenke ist mir auch noch nie etwas zugeflogen, bis auf böse Blicke. Alles ist so im Gewöhnlichen versunken und nichts ist mehr richtig spaßig. Verheiratet? Ja, aber vor kurzem musste ich mir anhören: “ich schlaf nie wieder mit dir, ich will mich von dir trennen!“.
Jetzt könnte man dieses W-Wort verwenden aber sie will halt nicht so enden und es ist keine Entwicklung zu erkennen. Wahrscheinlich bin ich ja wirklich daran schuld, denn die Entwicklung die so zurzeit stattfindet entbehrt ein wenig der Kontrolle. Wie sang doch der Fürst der Finsternis(Ozzy Osbourne), der keine bunten Luftballons auf seiner Geburtstagsfeier sehen wollte: „I´m just a dreamer! I dreamed my life away“, das passt!

Um 16 Uhr mach ich das Licht an, also in drei Minuten. Da soll mal einer sagen ich hätte keine Perspektiven.
Anruf: „…wollen wir das bei einem kurzen Bier besprechen“, „klar!“, „also kurz nach 5“, „OK“.
Gewohnheiten sind so eine Sache, man kann nur schlecht nein sagen und so finde ich mich fast jeden Montag in einem Bierlokal wieder. Man könnte auch Stammkneipe sagen doch das klingt irgendwie abwertend und noch eine Abwertung vertrage ich im Moment nicht. Obwohl heute gar nicht Montag ist, freue ich mich trotzdem darauf. Freude ist natürlich zuviel gesagt, denn es ist ja auch irgendwie eine Banalität mit der man versucht sie zu bekämpfen.
Hey Moment, ich wollte doch das Licht einschalten. Was mir dabei einfällt ist, das man in der türkischen Sprache das Licht ja auf und zu macht und draußen hat es grad einer ausgeknipst.
„Mad world“ klingt es aus dem Radio aus dem zuvor noch von Mord und Totschlag berichtet wurde, wie passend, denn ich mach mich bereit die Stadtautobahn Richtung Süd zu befahren wie schon gestern und letzte Woche und die letzten paar Jahre.

Überraschenderweise stellt sich heraus, dass es eine Art Weihnachtsumtrunk ist und ich alte Bekannte wiedersehen werde. Ein gepflegter junger Mann erinnert mich an meinen Job als Taxiausstatter, da er selbst eines fährt und mal bei meinem alten Arbeitgeber ein Angebot eingeholt hat, Berlin ist halt doch ein Dorf.
Alle Anderen im Gespräch vertieft und ich muss daran denken, dass mein letztes Erfolgserlebnis darin bestand, am Sonntag beim online Gamen ein paar guten Jungs das Fürchten zu lehren.
Zuhause angekommen mach ich noch ein Bier auf werde es aber kaum noch schaffen es auszutrinken, Pläne noch etwas zu arbeiten werden verworfen und ich entscheide mich fürs Sofa, da ich in manchen Zuständen dazu neige zu schnarchen.